Praxisbeispiel alte Lorzentobelbrücke von 1910 Baar/Menzingen ZG
Die Natursteinbögen wurden saniert, um das Abbrechen von Steinen zu verhindern.
(Foto: W. Portmann)
Vorher/nachher: Der neue, feinmaschige Suizidschutz ist farblich abgestimmt und so installiert, dass das historische Geländer gut erkennbar bleibt – eine Lösung, die Sicherheit und Gestaltung harmonisch vereint.
(Foto: F. Bieri (links) und W. Portmann)
IVS Objekt: ZG 171.2.1
Bedeutung nach NHG: national, historischer Verlauf mit viel Substanz
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In Baar/Menzingen im Kanton Zug gibt es gleich drei Lorzentobelbrücken. Sie stehen, inoffiziell, für die Evolution des Brückenbaus, wenn auch nur die zwei älteren im IVS geführt werden. Der Startschuss für die Instandsetzung der Natursteinbogenbrücke von 1910 erfolgte 2023. Das Projekt konnte nun, 2025, erfolgreich fertiggestellt werden.
Die 185 Meter lange und bis zu 55 Meter hohe Brücke, bestehend aus sechs Natursteinbögen, diente bis in die 1950er Jahre dem Tramverkehr, wird seitdem allerdings vorrangig von Fussgängerinnen und Fussgängern sowie Radfahrenden genutzt. Der Zustand des Bauwerks wurde bei einer Untersuchung unterschiedlich beurteilt. Während einige Brückenteile noch in gutem Zustand waren, wiesen andere teils schwerwiegende Mängel auf.
Wasser war von der undichten Fahrbahnoberfläche in die Tragkonstruktion eingedrungen, was zum teilweisen Zerfall des Fugenmörtels und zur Ausschwemmung des Füllmaterials geführt hatte. Zudem wiesen die Natursteingewölbe Längsrisse auf. Es drohten Ausbrüche kleinerer und grösserer Steine aus den Bögen. Diese Schäden konnten erfolgreich behoben werden, sodass das Viadukt für die nächsten 75 Jahre gesichert ist.
Im Zuge der Sanierung wurde ein vollständig neuer Suizidschutz für die historische Lorzentobelbrücke konzipiert und installiert. Mit einer Erhöhung von ursprünglich 1,8 auf 2,3 Meter leistet dieser einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit. Die besondere Herausforderung bestand darin, den Schutz so zu gestalten, dass das denkmalgeschützte Erscheinungsbild der Steinbogenbrücke möglichst wenig beeinträchtigt wird. Das Ergebnis vereint erhöhte Sicherheit mit hoher gestalterischer Sensibilität: Sowohl die Sicht auf das historische Geländer als auch die Gesamtwirkung der Brücke bleiben weitgehend erhalten.
Die detaillierte Geschichte der Lorzentobelbrücke von 1910 kann im IVS-Streckenbeschrieb ZG 171.2.1 nachgelesen werden.
Praxisbeispiel Giro dei Secoli GR
(Foto: H. Schweri)
(Foto: H. Schweri)
Rheinwald / Splügen: Italienische Strasse
Das historische Bild der alten Kunststrasse wurde beibehalten. Ein besonderes Detail ist der rote Mittelstreifen. (Foto: Gruner AG)
IVS-Objekt: GR 15.10
Bedeutung nach NHG: national, mit Substanz
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Seit 1823 verbindet die «Italienische Strasse», die als Kunststrasse in mehreren Bauetappen zwischen Chur und Bellinzona erstellt wurde, die Dörfer Sufers, Splügen und Medels im Rheinwald. Es wird davon ausgegangen, dass die gepflästerte Strasse mit der Installation der Wasserversorgung 1960 instandgesetzt wurde. Doch wann genau der Strassenabschnitt in Splügen zuletzt erneuert wurde, lässt sich nicht bestimmen.
Über die Jahrzehnte haben sich diverse Mängel am Bauwerk und daraus resultierende Probleme für Strassennutzende ergeben. Die vielbefahrene Strasse ist bedeutend für den Lokalverkehr, aber auch als Ausweichroute für die N13 leistet sie einen wichtigen Beitrag für die Verkehrsmobilität. Weder die Pflästerung, noch ihr Fundament wurden für die Intensität dieser Nutzung ausgelegt und so gab es nun viel zu tun.
Im Rahmen eines umfangreichen Projekts wurden das Strassenfundament ausgehoben, Werkleitungen und ein neues Fundament gelegt, ein Drainagebelag zur optimalen Entwässerung eingebaut, und die Pflästerung in Sand und Splitt verlegt.
Um die Auswirkungen auf Anwohnende und den Verkehr vor Ort so gering wie möglich zu halten, wurde der Bauprozess etappenweise durchgeführt – erfolgreich. Viel des historischen Baumaterials konnte wiederverwendet werden und die charakteristische Mittellinie aus rotem Pflasterstein blieb komplett erhalten.
Die detaillierte Geschichte des Weges kann im IVS-Streckenbeschrieb GR 15.10 nachgelesen werden.
Ligerz: Dorfgasse
Die wiederhergestellte Pflästerung wertet das Bild der Dorfgasse ganzheitlich auf. (Foto: Schmid & Pletscher AG)
Wegtrassee, Platz und Hauseingänge sind intuitiv erkennbar. (Foto: Schmid & Pletscher AG)
IVS-Objekt: BE 2126.0.5
Bedeutung nach NHG: national, mit viel Substanz
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Der Ortsname Ligerz stammt vermutlich aus dem frankoprovenzalischen und bedeutet Kies(-boden), oder Ufergeröll. Wie passend, für ein Dorf, dessen ausgeprägte Gassen oft mit Flusswacken gepflästert wurden.
Eine dieser Gassen ist die Ligerzer Dorfgasse, die in den Bärenplatz mündet. Die in den 1830er Jahren gebaute ortsprägende Pflasterstrasse wurde in den 1970er Jahren teilsaniert, was zu einem Flickwerk in der Pflästerung führte. Mal dunkel, mal rot, mal abgewetzt dann in Teilen aufpoliert, beeinträchtigte die Pflästerung die Wirkung der Dorfgasse als verbindendes Element des Ortsbildes.
Eine umfängliche Sanierung konnte nun vollzogen werden und das im Rahmen von ohnehin anstehenden Werkleitungsarbeiten. Ziel des Instandhaltungsprojekt war es, die Pflästerung wieder herzustellen und in einem einheitlichen, historisch korrekten Kleid erscheinen zu lassen. Ausserdem sollte der Bärenplatz wieder deutlich erkennbar als Platz gepflästert werden. Eine Besonderheit: Ein wichtiger Verteilkasten sollte funktional zugänglich bleiben, jedoch so unsichtbar wie möglich in das Strassenbild integriert werden. In einer Bauzeit von einem Jahr wurde genau das erreicht:
Formwilde Natursteine und Bandsteine bringen den Wegcharakter hervor und trennen die Hauseingänge optisch von dem Platz ab. Der einheitliche Farbton der Steine trägt zu einem harmonischen Gesamtbild bei und die Verlegearten in Ost-West und Nord-Süd unterstreichen den Verlauf des Platzes und der Gasse. Selbst die Schachtdeckel wurden mit Pflastersteinen ausgebildet, um sie besser in die Gasse zu integrieren.
Die detaillierte Geschichte des Weges kann im IVS-Streckenbeschrieb BE 2126.0.5 nachgelesen werden.
Traditionelle Handwerkskunst auf über 2500 m Höhe
Von Soglio im bündnerischen Bergell führt ein steiler Bergweg 1600 Höhenmeter hinauf auf den Prasgnola-Pass auf 2724 m Höhe. Was heute eine anspruchsvolle Wanderung durch ein faszinierendes, hochalpines Gelände ist, war ab dem 15. Jahrhundert ein gefährlicher und Kräfte zehrender Saumweg, über den die Bauern von Soglio und Castasegna ihr Vieh zu den Alpen im Val Madris trieben. Diese Alpweiden liegen auf der anderen Seite des Passes auf rund 2000 m Höhe und waren nach und nach in den Besitz der Bergeller Bauern gekommen.
Der historische Gebirgsweg zeigt, welche Mühen die Bergbauern in der frühen Neuzeit auf sich nehmen mussten, um mithilfe der Alpwirtschaft ihr karges Auskommen zu sichern. Die wirtschaftliche Bedeutung war für die Bauern aus dem Bergell so hoch, dass sie den Weg mit allen Mitteln auch an den schwierigsten Stellen zugänglich machten. Dafür schufen sie auf 2500 m Höhe die Treppenanlage «I Trapet» – eine eindrückliche und einzigartige Konstruktion, die Zeugnis gibt vom unbändigen Willen und der hohen Handwerkskunst der damaligen Bewohner der Region.
Hochgebirgstreppe in Schieflage
Die Treppenstufen von «I Trapet» sind 1,5 bis 2 m breit. Talseitig werden sie von bis zu 4 m hohen, trockengeschichteten Stützmauern aus lokalen Lesesteinen gehalten. Mit 300 Stufen überwindet die rund 250 m lange «Treppe» einen topographisch schwierigen Wegabschnitt, der früher an einem zerklüfteten Gletscher vorbeigeführt hatte. Die Stufen aus zum Teil tonnenschweren Steinblöcken schmiegen sich eng an den kahlen, abschüssigen Felsen.
Seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts bewirtschaften die Bergeller Gemeinden die Alpen im Val Madris nicht mehr selbst. So verloren die Treppen beim Prasgnola-Pass ihre Bedeutung für die Alpwirtschaft und wurden kaum mehr unterhalten. 1991 führte ein internationales Zivildienstteam bei «I Trapet» zwar während zweier Wochen Sanierungsarbeiten durch, bei denen jedoch mehrheitlich nur der Schutt weggeräumt wurde.
So entstanden an der Treppenanlage über die Jahre substanzielle Schäden. Diese veranlassten die Bergeller Dörfer, die sich 2010 zur Gemeinde Bregaglia zusammengeschlossen hatten, zu einem Instandsetzungsprojekt. Im Jahr 2019 fand eine Begehung statt, an der die Gemeinde Bregaglia, die Denkmalpflege Graubünden, das ASTRA sowie eine Arbeitsgemeinschaft spezialisierter Handwerksbetriebe für Trockenmauern und traditionelles Maurerhandwerk teilnahmen. Aufgrund dieser örtlichen Untersuchungen entstand eine detaillierte Schadenserfassung und das Massnahmenkonzept für die Instandsetzungsarbeiten. Diese konnten schliesslich im Sommer 2022 bei besten Wetterbedingungen realisiert werden.
Traditionelle Handwerkskunst auf 2500 m Höhe
Die elf beigezogenen Maurer und Steinmetze verfügen alle über ausgewiesene Erfahrung mit dem traditionellen Maurerhandwerk. Doch auch für sie waren die Arbeiten an der Treppenanlage etwas Besonderes. Sechs Wochen arbeiteten und lebten die Handwerker zusammen auf der hochalpinen Baustelle. Um das einzigartige Bauwerk langfristig zu erhalten, mussten eingestürzte oder davon bedrohte Bereiche wieder aufgebaut werden. Zudem wurde die Treppe von Geröll und starkem Bewuchs befreit und die herausgerutschten und fehlenden Fundamentsteine lokal ersetzt. Ebenso wurden wackelnde Treppenstufen neu verkeilt.
Bei den Instandsetzungsarbeiten achteten die Spezialisten besonders auf eine fach- und materialgerechte Sanierung. So wurde «I Trapet» originalgetreu wiederaufgebaut, wobei bewusst auf moderne, technische Lösungen verzichtet wurde. Um das Denkmal in seiner überlieferten Substanz zu erhalten, wurden beispielsweise weder Mörtel noch technische Felsverankerungen eingesetzt. Ebenso wurden für die Arbeiten durchgängig Lesesteine aus der nahen Umgebung genutzt. Ganz abgesehen davon, dass alle Arbeiten in traditioneller Bauweise überwiegend in Handarbeit erfolgten. Mit Projektkosten von 190'000 Franken wurden rund 1400 Arbeitsstunden aufgewendet, um 25 m2 Mauerwerk, 50 m2 Treppenstufen und 10 m2 Fundamentsanierungen zu realisieren. Zudem wurde eine Treppenfläche von 130 m2 gereinigt und konsolidiert.
Leben auf der Baustelle
Die Treppenanlage «I Trapet» ist nur zu Fuss in einem über zweistündigen Aufstieg von der letzten befahrbaren Strasse aus erreichbar. Es blieb daher nichts anderes übrig, als für die Handwerker in der Nähe der Baustelle einen Küchen- und einen Materialcontainer zu installieren. Das Material dafür und die Lebensmittel für die ganze Dauer des Projekts wurden jedoch mit dem Helikopter auf den Prasgnola-Pass geflogen.
Die vierzehn Maurer, Steinmetze und Gerüstbauer, die an den Instandsetzungsarbeiten beteiligt waren, übernachteten jeweils in kleinen Personenzelten. Das benötigte Wasser konnte an der gegenüberliegenden Hangseite gefasst und zur Unterkunft geleitet werden. Zudem diente ein mobiles Kompost-WC als Toilette. Nach Abschluss der Arbeiten wurden alle Installationen des «Handwerker-Camps» sauber zurückgebaut. Mit dieser Vorgehensweise konnte die Umweltbelastung der Instandsetzungsarbeiten auf ein Minimum reduziert werden.
Quelle: I Trapet. Treppenanlage am Prasignolapass. Interventionsbericht 2022 (Lukas Suter, T. Neuweiler GmbH).
Video von Alexander Bartels zu diesem aussergewöhnlichen Instandsetzungsprojekt.















